Donnerstag, 26. Mai, Tag 17: Ein Parcours der Glückseligkeit, durch Kässpatzen abgerundet

Wer mit mir wandert, der sollte nicht denken, wir laufen nur so durch die Gegend, nein nein! Da ich ja jeden Tag meiner Tour gaaanz genau ins allerletzte Detail geplant habe (…), so wusste ich natürlich auch heute, was ansteht. Und hab mir da für meine Mitwanderer Lena und Matthias sowie meine Freundin aus dem Sportstudium Claudi und ihren Freund Heiko richtig was einfallen lassen: Von Bahngleisen über Ziegen bis hin zu Mördersteigungen, Wirtschaft und Weitblicken – ein Erlebnisparcours,  für mich ein Parcours der Glückseligkeit.

Claudi und Hanna leben den Glückseligkeits-Parcours aus :)

Claudi und Hanna leben den Glückseligkeits-Parcours aus 🙂

Frisch auf!, ging es am Campingplatz Kahler See – prompt erste Erlebnisstation: Ein Naturlehrpfad als Anschluss den Wanderweg, der uns nach Alzenau bringen sollte. Ich hatte die Neugier meiner Crew geweckt und versprach noch mehr, die Aufregung, ja Spannung gar, war regelrecht zu greifen, die die Vier ergriffen hatte! Die erste Aufgabe meisterten sie bravourös: Das Lesen der Karte funktionierte, wir waren auf dem richtigen Weg in die richtige Richtung.

Die Test-Crew: Werden Sie das Wander-Diplom erhalten?

Die Test-Crew: Werden Sie das Wander-Diplom erhalten?

Doch es war nicht weit zur zweiten Aufgabe: Der Pfad endet etwas undeutlich an den Bahngleisen, dahinter ein Kreisel zu einem Autobahnkreuz. Wie kommen wir darüber? Es wird in der Gruppe beschlossen, den Gleisen vorsichtig ein Stück zu folgen – prompt wird von einem der Teammitglieder das nächste Wanderzeichen entdeckt! Bravo! Es ist zwar ein anderer Weg, führt aber genauso zum Ziel, ohne Extrameter. Ein Stück geht es tatsächlich neben den Gleisen her, dann queren wir diese und die Auffahrt zur Autobahn (kaum befahren). Auf der anderen Seite finden wir wieder Schilder, super!, die ersten Pullis werden ausgezogen,  die Sonne knallt – von der angekündigten Bewölkung, Regenschauer gar, nichts zu sehen 😀

Das erste Ratespiel wird durchgeführt und von allen recht gut geschaukelt: Die Schätzungen lagen zwischen 2 und 3 Kilometern, fast drei waren wir gelaufen. Nun das erste landschaftliche Highlight – ihr merkt, eine Sensation jagte die nächste – der Weg führt sehr idyllisch zwischen Meerhofsee auf der einen, Flüsschen auf der anderen Seite hindurch, mit weitem Blick auf den Bayerischen Spessart, der uns noch erwartet. Auch Alzenau lockt mit Steinbrunnen, Entenstatuen, lustigen Denkmälern, Altstadt und natürlich der Burg; bei mir kriegt man echt was geboten…

Dem Spessart entgegen, noch sind die Probanden entspannt

Dem Spessart entgegen, noch sind die Probanden entspannt

Was die Teilnehmer noch nicht wussten, dass der schwerste Teil der Prüfung noch bevor stand. Aber bis dahin wurden sie erstmal von unglaublich goldichen Zieglein und verfressenen Rehen abgelenkt. Die leichte Steigung in den Wald rein wurde daher noch nicht allzu sehr wahrgenommen. Der Weg war aber auch wirklich wunderschön gemütlich und leicht nach oben zu laufen, die Sonne blitzte durch den lichten Blätterwald – so hätte es für die Wandercrew wahrscheinlich weiter gehen können bis zum Gipfel des Hahnenkamm auf 436 Meter.

Mit Niedlichkeit davon abgelenkt, dass es jetzt bald bergauf geht...

Mit Niedlichkeit davon abgelenkt, dass es jetzt bald bergauf geht…

Doch, Abwechslung muss sein, und Anstrengung auch: Der Weg, den ich für die Freiwilligen rausgesucht hatte, verließ nach ein paar Schritten im Wald den Serpentinenschlenderweg, denn – es geht ja auch in kürzer. Und steiler. Nämlich mitten durch, zack den Gipfel hoch, 1,2 Kilometer auf einem mal mehr, mal weniger steilen Pfad! Megaschöner Weg durch superschöne Waldlandschaft, so wie ich es liebe. Meine vier Freunde haben sich vielleicht zwischendurch gefragt, warum zum Teufel sie sich so was an einem Feiertag antun, doch oben angekommen waren sie doch alle glücklich und haben sich ebenso gut gefühlt wie ich – wenn auch durchgeschwitzt und stinkig 😉

Nur ein Teilstück des z.T. viel steileren Aufstiegs

Nur ein Teilstück des z.T. viel steileren Aufstiegs

Aber alles ganz wunderschön durch den Wald :-D

Aber alles ganz wunderschön durch den Wald 😀

Schwierigste Prüfung bestanden (mit Sternchen, weil kein Gemecker, kein Gejammer!), verdiente Mittagsrast in der Wirtschaft aufm Hahnenkamm nach 10,5 Kilometern. Danach müsste es ja theoretisch auch nur noch bergab gehen, wurde leise miteinander getuschelt, ich nahm es vorweg: Erstmal ja, aber der Spessart, der na ja, der ist doch noch nicht fertig mit uns.

Aber vom Gipfel geht’s natürlich erstmal runter, wir folgen ab hier dem Fränkischen Marienweg, der fast schon überperfekt gekennzeichnet ist. Trotzdem werden die Wanderzöglinge immer wieder zum Spähen animiert, die Energie nach dem Mittagstief kommt langsam zurück, und das nächste landschaftliche Highlight kann genossen werden: Ausblicke über den Spessartwald und seine Wiesen! Auch das nächste tierische Erlebnis wird wohlwollend aufgenommen und das weiße Pferdchen bekommt ein paar Streicheleinheiten.

Zwischen den Waldstrecken eröffnen sich solche Ausblicke be

Zwischen den Waldstrecken eröffnen sich solche Ausblicke bei Traumwetter

Leicht hoch, leicht runter geht es durch und schließlich aus dem Wald hinaus – Zeit für anderes Landschaftsbild. Ein Feldweg führt an Obstwiesen vorbei, leider auch an einer Straße, der wir eine Zeit lang folgen. Dann biegen wir nochmal auf einen schmalen Pfad ab: Nächste Aufgabe ist es, nebeneinander herzulaufen und sich zu unterhalten, und doch immer schnell genug Platz zu machen fur die Biker, die aus allen Richtungen kommen. Auch den Schwierigkeitsparcours meistern die Vier mit Bravour, keiner ist verletzt oder beleidigt worden: Harmonie an allen Ecken und Enden 🙂

Doch nun müssen sie zeigen, dass sie auch mental stark sind: Werden die tapferen Wanderer verkraften, dass es im Ort Johannesberg kein Kaffee und Kuchen gibt? Und das mit dem Wissen, dass wir noch einige Kilometer vor uns haben? Am Ende des Orts wird leicht gezögert, doch es geht bergab – die Crew ist wieder motiviert und voll dabei! Steil und über Wurzeln und Blätterberge verläuft der Pfad, die Konzentration wird aufrecht erhalten, die vier schlagen sich wacker. Auch als am nächsten Wanderschild klar ist, dass wir noch 4 Kilometer haben – jeder spürt doch in den Füßen, den Beinen und dem Nacken, dass wir Kilometer 20 schon genackt haben, dazu brutzelt die Nachmittagssonne.

Perfekte Beschilderung auf dem Fränkischen Marienweg

Perfekte Beschilderung auf dem Fränkischen Marienweg

Doch kein großes Gejammer, ok, die Gespräche werden etwas weniger, doch schon nach der nächsten Dorf wartet meine nächste Sensation auf unsere vier Helden – wenn auch keine beliebte: Eine Steigung geht noch! Um sie zu versüßen, stimme ich ein paar bekannte Lieder an, hier sammeln die Frauen Bonuspunkte für Textsicherheit und Gesang. Hut ab, bei dem Aufstieg muss man erst mal noch singen können! Lang ist er allerdings nicht und schon laufen wir dem Ziel entgegen und hinab bis zum Waldschwimmbad Goldbach. Nach einem wohlverdienten Eis gratulier ich meinen Mitstreitern zum gelungenen Wanderdiplom: Sie haben einer der schwersten Etappen meiner Wanderung sauber mitgemacht!

Die Höhenmeter des Spessarts waren wirklich nicht ohne, aber ich sehe glückliche (und geschaffte) Gesichter wegfahren – ein wirklich wunderschöner Tag mit ganz wunderbaren Menschen in ziemlich wunderbarer Kulisse.

Und das Wunderbare sollte noch nicht enden: Die Dame an der Schwimmbadkasse hatte mir empfohlen, zu den Sportplätzen/Gaststätten oberhalb zu gehen und einfach wegen einer Wiese für mein Zelt zu fragen. Gesagt, getan – am Sportplatz und Vereinskneipe war niemand, aber oben drüber an der Gaststätte zur Kegelbahn. Mh, dachte ich erst, wo sollen die da jetzt ne Wiese für mich haben? Doch ich geh halt mal rein und frage die Dame hinter den Tresen. Schwups hatte ich ein schönes Fleckchen für mein Zelt 🙂

Das war flucks aufgebaut, da kam auch Ingrid schon raus und erzählte mir von den Duschen im Keller – hier werden nämlich auch Bundesliga-Kegelturniere ausgetragen. Super! Ich freue mich wie Bolle über das Angebot, nach den verschwitzten 25 Kilometern duschen zu können. Als ich durch die Wirtschaft wieder raus will, verabschiedet Ingrid grade die letzten Gäste und fragt, ob ich was Essen mag. Ich wehre ab und sage, ich hätte noch genügend dabei… Sie: „Das kannste ruhig annehmen, was magste trinken, hier die Speisekarte, ich mach das gern, und dann quatschen wir ne Weile, ich bin eh noch eine Stunde hier.“ Was soll ich da noch sagen?!

Beim Essen kommt der Appetit und ich merke, wie sehr ich mich über die warmen, arschleckeren Kässpätzle freu (ja, heute mittag gab es durchaus schon Schnitzel…). Und ess den Teller ratzeputze leer, morgen solls ja wieder so schön werden! Bei Espresso und Küchenaufwasch erfahre ich viel über das schon seit 22 Jahre lang von Ingrid und ihrem Mann geführten Lokal und das Leben drumherum. Wir verabschieden uns herzlich und ich krieche in mein Zelt.

So unglaublich dankbar, wieder einem so sympathischen, gastfreundlichen und unterhaltsamen Menschen begegnet zu sein. Der einfach hilft und macht und tut, nur weil ich vorbeikomme und nach einem Stück Wiese frage. Statt Wiese gab es noch Dusche, Essen, Espresso und eine spannende, anregende Unterhaltung. Dieses Abendprogramm rundet meinen Parcours der Glückseligkeit vollends ab.

Gelaufen: 25,9 km

Motto: Wo ein Freund ist, ist auch ein Weg

 

 

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2 Kommentare

  1. Wollte nur wissen ob du gut in Rothenbuch angekommen bist.hat ja morgens mächtig geschüttet.liebe Grüße Ingrid.viel Glück auf deiner letzten Strecke😃

    1. Liebe Ingrid, gerade hatte ich genug Netz, um den gestrigen Tag online zu stellen – ja, der Regen hat mich erwischt, aber alles in allem bin ich glimpflich davon gekommen 🙂 Liebe Grüße vom Bayerskopf!

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