Wer behauptet, Frankfurter wären unhöflich, rau und rüpelhaft, dem kann ich seit genau heute widersprechen: Ich war keine 15 min von meiner Wohnung am Günthersburgpark entfernt, stand kurz zögernd vor einem Bauzaun vor den Grünanlagen oberhalb der Eissporthalle – schon kam ein Mann auf mich zu, wo ich den hin wolle. Tja, so ganz 100% hatte ich das nicht geplant, aber wir kamen gleich in ein kurzes Gespräch. Dass der Mann mit „Ach wie schön dass ich Sie getroffen habe! Ich wünsche Ihnen viel Spaß“ und einem Händedruck beendete.
So kann es ja weiter gehen, mit meiner Winterwanderwildzelt-Tour! Grob soll es Richtung Steinau an der Straße gehen, mit Sack und Pack ein paar Tage raus aus der Wohnung und mal testen, wie das Zelten im – in diesem Fall Gott sei dank sehr milden – Winter ist, und ob ich leicht Plätze da draußen finde, wo ich mein Zelt ungestört hinstellen kann.
Die Strecke und Landschaft sollten heute kein Highlight sein, es ging mir eher darum, in der Heimats Nähe zu sein – um gegebenfalls den Versuch easy abbrechen zu können. Man muss es ja nicht immer auf die ganze harte Tour machen 😉
Also marschierte ich gemütlich mittags, pünktlich zum Sonnenschein los: Über Bornheim und Riederwald – wo ich mich prompt auf dem Grüngürtelwanderweg wiederfand (unverhofft kommt oft) – ging es vorbei am Heinrich-Kraft-Park Richtung Bergener Hang, Bischemer Obststreuwiesen und Felder, die Gegend meiner Jugend. Bis dahin hatte ich Jacke und Halstuch abgelegt und lief nur noch im Tshirt, es war einfach zu warm!
Der erste Anstieg nach Bergen war jezt keine Schwierigkeit, im Gegenteil: Hatte ich mich zuvor schon gefreut, dass mir Jogger eine gute Reise und schönes Wandern gewünscht hatten, sprach mich hier auf einer Bank ein Ehepaar an und fragte mich, wohin ich des Weges sei. Auch sie wünschten mir ein frohes neues Jahr und Toi toi toi, und ich erklomm die letzten Höhenmeter im Nu 😉 Und genoss die Aussicht auf Frankfurt.
Hinter Bergen gelangte ich auf die Hohe Straße – ein toller Radweg, zum Wandern halt eher so la la, aber gut. Es geht mir primär um das Austesten, wie man in Deutschland/Hessen wild campen kann und wie ich mit der Einsamkeit und der Kälte so zurecht komme. Während ich das schreibe, sitze ich allein in meinem Zelt im Feld Nähe Kilianstädten: Galgenberg heißt die Erhebung (hoffentlich kein schlechtes Zeichen ;-)) und aufgrund der rauschenden Windräder hier sage ich mal – wild zelten ist es vielleicht nicht ganz, aber für den ersten Test läufts 🙂
Ich campiere in direkter Nähe (ok ja, zu den Windrädern) zu einer großen Schaukel: Nach einem warmen Mahl vom Gaskocher habe ich mich in völliger Dunkelheit gen Sterne geschaukelt. Fazit: Hat schon was.

TAG 2:
Die erste Nacht war geschafft. Hab ich mich die letzten Stunden gefragt, warum ich das mache? Jap, definitiv. Aber, ich hatte beim Zelten (im Frühjahr wohlgemerkt) schon schlimmere Nächte, bin natürlich auch besser ausgestattet diesmal. Es gab keine unvorhergesehen Probleme oder Störungen, das Rauschen der Windräder habe ich mir als seichten Wind vorgestellt und jede ein bis zwei Stunden etwas an- oder ausgezogen. Ok, erholsam ist so ein abgehackter Schlaf vielleicht nicht, aber ich bin nicht erforen (Socken an, Socken aus, Socken an, Socken aus…), nicht von randalierenden Teens und/oder Wildsäuen angegriffen worden und kein Mensch hat sich über meine Zeltplatzwahl beschwert, High Five!
Hab ich mich also ab und an nachts mit der Frage gequält, warum ich mein warmes Bett verlassen habe, so wurde es mir schlagartig klar, als ich mich aus Schlafsack, Inlett und Zelt geschält hatte: Mutterseelenallein stand ich auf der Feldanhöhe, alles um mich rum in Morgennebel getaucht und im Osten schimmert das Rot der Sonne durch, während gegenuberliegend noch der Mond am Himmel steht. Ich setze Wasser auf, gieß mir Kaffee auf und sehe zu, wie die Nebelschwaden langsam die Spitzen der Windräder frei gibt, dann putze ich die Zähne während die Sonne immer weiter aufgeht. Ist mir noch kalt? Ja. Bin ich glücklich? Definitiv.
Ich lass mir viel Zeit und geh erst kurz vor zehn los. Der Weg ähnelt dem gestrigen, ich trotte also gemächlich vor mich hin. Erst am Wartbaum – einer wunderschönen, sehr alten Linde – mache ich Frühstückspause und beim Blick auf die Karte stelle ich fest a) dass ich immer noch nicht dort bin, wo meine Wanderkarte anfängt (wer braucht schon einen Plan?) und b) dass ich in der Nähe einer alten Schulfreundin bin, wenn ich hier etwas vom Weg abbiege. Gedacht, angerufen, getan. Der Weg zu Franzi nach Heldenbergen zog sich dann zwar etwas, für den spontanen Besuch hat es sich aber gelohnt! Nach Kaffee, Klatsch und Kindern fuhr mich Franzi ein paar Kilometer weiter nach Hammersbach. Durch das frühe untergehen der Sonne bin ich zeitlich etwas eingeengt und durch die längere Pause etwas in Verzug geraten.
Was allerdings doch bestimmt wieder einen Sinn hatte, denn so kam ich in den Genuss eines wunderschönen Pfades quer durch den Wald! So liebe ich es. Auch wenn ich durch den Matsch nur langsam voran kam – schon jetzt war der Tag bei dem Wetter ein rundum gelungener Wandertag (die schmerzenden Hüften erwähne ich mal nich, Muddi wird alt ;-)). Er wurde noch gelungener als ich gegen viertel vor vier aus dem Wald rauskam und nach einer kurzen Pause auf Hanne und Ulli traf. Ich wollte nur kurz fragen, ob sie wüssten, wie weit Büdingen noch wäre (auf meiner Karte konnte es alles zwischen 4 und 8 Kilometer sein). Wir kamen ins Gespräch und nachdem ich nach einem Bus fragte (weil folgende Überlegung: mindestens 1 Stunde bis in die Stadt und von da aus wieder raus in den Wald auf eine Höhe – da wird 17 Uhr stockdunkel Sonnenuntergang echt knapp!), luden die beiden mich prompt ins Auto und fuhren mich in die Stadt! Wie gesagt, jede Verzögerung, jede Wegentscheidung hatte heute so sein sollen, damit ich am Ende wieder aus so liebenswerte, hilfsbereite Menschen treffe.
Sie belassen es auch nicht beim „mit in die Stadt nehmen“, nein, sie halten kurz beim Supermarkt, damit ich mir was Warmes zum Essen später holen kann, kutschieren mich dann zu lauter schönen Plätzen, an denen sie sich vorstellen könnten, dass ich mein Zelt aufschlagen kann. Wie cool ist das denn!?! Ich lerne tolle Plätze rund um Büdingen kennen und kann mir den schönsten aussuchen – und schaffe das grad noch so vor Sonnenuntergang. Ich lass mich bei einer Jugendherberge oberhalb der Stadt absetzen und lehne nochmal dankend Hannes Angebot ab, eine Kaffee trinken zu gehen oder mit zu ihr zu gehen: Sie hat Sorge um mich, allein im Wald. Ich freue mich sehr über das liebe Angebot und bin, im warmen bequemen Auto sitzend, doch auch leicht versucht, anzunehmen. Doch eigentlich bin ich ja unterwegs, um möglichst wild zu zelten, um zu erfahren, wie es für mich ist. Und daher steige ich aus, mit Hannes Telefonnummer im Handy und guten Wünschen und großer Freude im Herzen.
Ich laufe noch etwas Hin und Her und schlage schließlich mein Zelt etwas ab vom Weg unter einer ausladenden Buchenkrone, noch in Sichtweite zur Jugendherberge auf. Auch wieder nicht richtig wild wild, aber hey – die Geräusche des Waldes um mich rum, mit denen gebe ich mich völlig zufrieden. Man muss es ja nicht immer gleich übertreiben 😉 In diesem Sinne: Gute Nacht da draußen, und drinnen!

Hanna, Du machst unser aller Abenteuer wahr. Und Du verbindest die Natur mit den Menschen. Das ist wunderbar. Winterfrühlingswanderin! Herzliche Grüße vom Pfarrer aus Fürth.
Meine liebe Nichte Hanna, ich freue mich sehr mit dir und bewundere deinen Mut. Werde deine Wanderung durch deine Artikel weiter begleiten und hoffe sehr, dass es dir dabei immer so gut gehen wird wie in den letzten zwei Tagen. Ich denke an dich und wünsche dir weiterhin viel Erfolg, Glück und einen gesunden Menschenverstand. Tue nur das was du möchtest solange es dir dabei gut geht und habe den Mut abzubrechen, wenn es nötig wäre. Ganz besonders liebe Grüße von uns allen und einen guten Start ins neue Jahr, Gabi.