Könnte auch der Titel eines Groschenromans sein, was?! 😉 Aber heute ist ein richtiger Sonntag. So mit Ausschlafen, Trödeln, langem Erfreuen am Frühstücksbuffet und spätem Start. Das kann ich mir auch gönnen, schließlich habe ich gestern 30 Kilometer runter gerissen und habe damit heute nur noch 15 vor mir. Als ich um 11 Uhr vom Gasthaus loskomme, tut die Sonne ihr übriges dazu: Es bleibt zwar bewölkt, aber der Nebel ist weg, kein Regentröpfchen zu sehen, dafür oft blauer Himmel. So mag ich mein Schwarzwald-Wanderwetter!
Und die Wege sind richtig schön, nicht so wie gestern oft an der Bundesstraße entlang oder auf kleinen Asphalt-Straßen, nein. Auf Pfaden durch den Wald und über Wiesen – heute merke ich deutlich, dass ich den Nordschwarzwald mit seinem dichten Baumbestand verlassen habe und im leichteren Südschwarzwald mit mehr Wiesen besetzten Hügeln wandere. Gut, gestern konnte ich das auch nicht merken: Bei dem Nebel habe ich alle Sehenswürdigkeiten verpasst – die Europäische Wasserscheide zwischen Donau und Rhein und auch den ersten Blick auf den Feldberg („bei gutem Wetter sogar bis zu den Alpen“ spottet mein Wanderführer).
Aber heute erblicke ich den schneebedeckten höchsten Schwarzwald-Gipfel zum ersten Mal. Ebenso genieße ich shöne Bicke über sanfte Gras- und Waldhügel und lass mich von den übrig gebliebenen Wolken nicht stören. Es geht nur ab und an hoch, dann eher mäßig, und Autos höre ich (im Gegenteil zu gestern) gar nicht. So könnte ich es euch weiter bis zum Titisee, dem heutigen Ziel, beschreiben. Aber mache ich natürlich nicht…
Nach etwa eineinhalb Stunde treffe ich am Waldesrand auf ein alternativ wirkendes Paar. Wir grüßen und sie fragen, wohin es denn geht. Ich erzähle, dass ich aus Frankfurt komme und dem Westweg bis Basel folge. Das stößt auf Anklang und der Mann, Rolf, beginnt zu schwärmen von einer Zeit, in der er selbst auf Wanderschaft war und es noch kein installiertes Wegenetz gab. Damals, plaudert er und ich höre gerne zu, ist er zu einem Haus gewandert, das Studenten gekauft und ausgebaut hatten. Dort hat Rolf drei Wochen gewohnt, ohne Dach überm Kopf… Andere Wandervögel wären immer welche geblieben, Rolf aber ist „zurückgekehrt“ – sonst würde er wohl immer noch umher wandern. 🙂
Wir tauschen „das Übliche“ aus (hehe, also ich die Blog-Adresse, er die Visitenkarte), just in dem Moment holen mich Mirko und Lisa von den Vortagen wieder ein. Wie schön, so können wir den Rest der Strecke gemeinsam wandern! Es ist richtig nett, dass wir uns tagsüber immer wieder begegnen, das hat sich richtig eingespielt so. Und man kann sich immer schön austauschen, wer wo übernachtet und was für Geschichten erlebt hat. Gemütlich laufen wir zum See, mit kurzem Kakao-Stopp am Wanderheim, und um 16 Uhr kommen wir am Kurhaus an.
Hier heißt es endgültig Abschied nehmen von den beiden, denn Mirko und Lisa werden von hier wieder heimfahren. Irgendwann wollen sie die restlichen Etappen noch laufen, auch sie hat das Westweg-Fieber gepackt. Ich hoffe sehr, sie werden es machen.
Ich gehe ein paar Kilometer den Berg hoch zum Campingplatz Bühlhof. Traumhaft romantische Aussichten über den Titisee! Am Platz angekommen, habe ich einfach wieder ein Mordsglück! Erstmal ist nämlich kein Mensch an der Rezeption. Auch auf das Klingeln reagiert keiner, muss eure Wanderheldin doch noch weiter marschieren, um den See herum zum nächsten Campingplatz?
Nein, natürlich nicht! Fortuna schickt einen, mh, ich nenne ihn mal alteingesessenen Camper, zu mir, der von kurzfristigen Betriebsferien erzählt. Aber er ruft mal grad den Chef in Dubai an – kurz darauf steht mein Zelt einsam auf einer großen Wiese und das für einen Sonderpreis von 10 Euro, wieder mal Geld gespart. 😉
Kommen wir zum Blues. Ich mache groß Wäsche in der Maschine und im Trockner (einmal gönne ich mir) und esse Nudeln mit Pesto – die Reste, es ist Sonntag, zum Einkaufen kam ich die letzten Tage nicht. Ich mache mir Gedanken, muss ich auch, denn: Hier teilt sich der Westweg in eine Ost- und Westvariante. Und ich weiß immer noch nicht genau, welche ich wählen soll. Die Westvariante finde ich attraktiver, weil – mehr Höhenmeter, Feldberg und Belchen locken. Aber sie ist kürzer, und ich will nicht zu früh in Basel eintreffen. Eigentlich will ich gar nicht wirklich eintreffen.
Ich denke, daher der Blues. Langsam geht es gen Ende, meine Reise, meine Wanderung. Daher fällt mir die Entscheidung nicht leicht, dazu ist die Wetterlage für die nächsten Tage unbeständig angekündigt. Einen Tag ausruhen, wie ich es ursprünglich mal geplant hatte, kann ich mir nicht mehr vorstellen, aber ebenso wenig, einen Tag zu wandern und wieder zum Ausgangspunkt am Titisee zurückzukehren. Da widerspricht irgendwas im Inneren in mir, ich bin rastlos. Und ein wenig ratlos.
Aber da ruft Lothar an, meine besorgte Cola Light-Bekanntschaft, der sich wieder nach meinem Befinden erkundet. „Immer uffpasse!“, ich freue mich jetzt schon auf seinen Anruf nächste Woche! Das motiviert, ich pack mein Kram und geh noch eine Runde spazieren zum See. Hier sitze ich bei Schwarzwälder Kirschtorte (die ja mal gar nicht mein Fall ist), schreibe euch und weiß: Egal, wie ich mich morgen einfach spontan entscheiden werde, es wird klappen und es wird gut werden. Warum auch nicht?
Erkenntnis des Tages: Fortuna wandert mit mir.
Geschafft: 15,5 Kilometer, 3 h 21 min, Aufstieg ca. 400 Hm, Abstieg ca. 500 Hm. Gasthof Zum Kreuz – Campingplatz überm Titisee.
Wahnsinn, wie weit Du schon bist und was Du schon alles erlebt hast auf Deiner Tour! Immer wieder schön zu lesen…..
Liebe Grüße – Sigrid
am ende wird alles gut und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das ende
Liebe Hanna, lese jeden Tag total begeistert deine Beiträge und freue mich total für dich, dass es dir so gut ergeht und du so viele tolle Erfahrungen sammelst. Weiterhin alles Gute auf deinem Weg.
Hallo Hanna, ein bisschen Nostalgie. Vor ca. 35 Jahren war ich mit deinem Vater auf dem Belchen, falls dich dein Weg dorthin führt. Ich finde es Klasse was du machst und wünsche dir noch viel Spaß
Die Begegnung hat uns gefallen. Viel Glück auf dem weiteren Weg. Auf den Belchen solltest Du noch steigen um die Vogesen zu sehen. Dort geht ein Weg auf dem Kamm entlang.
Herzliche Grüße Rolf