…oder Warum ich das Land so mag. Aber dazu erst ab Mittag.
Nach kurzem, aber erneut warmen Schlaf und sehr gutem Frühstück machten die Vier Freunde und Bily der Hund sich auf in neue Abenteuer. Es galt, den Weg zum Gerüchte umworbenen Kloster Maria Bildhausen zu finden, wo die Nonnen angeblich einen Golfplatz haben bauen lassen. Diesem erstaunlichen Fakt wollten die Fünf selbst auf den Grund gehen und machten sich auf den 7,6 km langen Weg. Dank hervorragender Spürhund-Qualitäten fanden die Gefährten das Kloster problemlos – just als sie eintrafen, riss die bewölkte Himmelsdecke auf und tauchte das Klostergelände in strahlendes Licht. Noch nicht sichtbar, aber in alle Pläne vor Ort eingezeichnet – der Golfplatz! Das Geheimnis ward gelüftet und glücklich konnten die Vier Freunde und Bily der Hund einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen nachgehen. Zufrieden saßen sie in der Sonne, tranken Naturtrüben Apfelsaft und selbstgemachte lecker bis gesunde Klosterspeisen.
Doch es hieß Abschied nehmen: Lena, Matthias und Kerstin mit Spürnase Bily hatten in der großen Stadt neue Geheimnisse zu lüften: Verliert man die Fassung, wenn die Glühbirne beim Wechseln zerbricht oder zerstört man dann nur das Glashaus in dem man sitzt? Meine Wenigkeit machte sich auf, den Schatz im Wrack am Ende des Regenbogens zu heben…
Dazu schlug ich den klanghaft klingenden Kreuzweg HW 07 ein, lief durch besagten 2-3 km langen Golfplatz und dann nach kurzer Feldpassage auf eimem schönen Grasweg durch lichten Wald bis Kleinebstadt (14,3 km). Sehr nettes Städtchen, es hatte extra für mich eine Blaskapelle organisiert und einen Aufmarsch von Feuerwehr und lauter festlich angezogenen Menschen! Ich bedankte mich Taschentuch wedeln und mit Tranchen im Augenwinkel bei der Menge und zog weiter – einen langgezogenen Asphaltweg durchs Feld. Unspannend.
Ziel war Bad Königshofen, was genau dort, keine Ahnung. In erlaufbarer Distanz gab es keinen Campingplatz, Pension kam nach 2 Tagen „Luxus“ nich in die Tüte, aber mit gesundem Optimismus dachte ich: Es wird sich schon ein Plätzchen für mein Zelt finden. Grade als ich mit mir selbst schimpfen wollte, weil ich a) in Kleinebstadt das Angebot der Hochzeitsgesellschaft ausgeschlagen hatte, was mit ihnen zu trinken und b) weil ich kurzfristig wieder einen anderen Weg gewählt hatte (weil direkter in die Kurstadt), der aber total ätzend weil eintönig (ok die Infoschilder über die Bieber waren richtig cool!!!), asphaltiert und fast parallel zu ner Straße. Grad da als ich zu lamentieren anfangen wollte, treffe ich auf das Ehepaar Hennings. Sie fragen nach meim Gepäck und Ziel, ich erzähle unter anderem die Geschichte meiner Oma. Frau Hennings ist just letzte Woche ebenfalls 90 geworden und stammt aus dem Sudetenland, allerdings sehr viel weiter östlich. Ist das nicht ein dicker Zaunpfahl, den mir das Schicksal ins Gesicht klatscht? Hätte ich nur eine der 2 Entscheidungen, die ich eben noch reute, nicht so getroffen, hätt ich diese tollen Menschen nicht getroffen, die mir anbieten, auf ihrem „Parkplatz“ (ein Ackergrundstück) mein Zelt aufzustellen. Ich bin glücklich, die beiden auch! Sie erklären mir den Weg (ich bin mir unsicher ob ich das so finde..), ich gebe ihnen dankbar die Sonnenblumensamen meinee Tante und wir ziehen alle des Wegs, zufriedener als davor. 🙂
Und jetzt, nicht nur wegen dieser Offenheit liebe ich das Land (in Frankfurt würde mich kein Mensch fragen, warum ich jetzet hier so rumlatsch), sondern auch weil es mir nur mithilfe des Nachnamens der Nachbarin ihres Grundstücks gelingt, dieses zu finden! Die Beschreibung war super und 2x frag ich Leute auf der Straße, nur um sicher zu gehen. Beides Mal wissen Sie genau zu welcher Adresse ich will, nachdem ich den Namen der Nachbarin genannt habe. Scheinbar, nein nicht nur scheinbar, sondern sie ist hier im Ort eine Größe, ein Urgestein, deren Ehre ich haben sollte, sie kennenzulernen.
Ich komme also an dem frisch genähten Grundstück an und gehe ans Haus dahinter, denn ich soll besagter Nachbarin ausrichten, dass ich von den Hennings aus dort campen darf. Nach kurzer Überraschung werd ich ins Haus zu Kaffee und Kuchen gebeten… Man kann nie genug Kuchen essen! Ich bin sofort angetan von der quirligen, Energie ausstrahlenden und spritzigen Frau Raupscher, die schon mit 17 per Anhalter Europa bereiste und immer noch begeisterte Weltreisende ist. Also kurz und knapp, wir verstehen uns gut 🙂 Ich schlage das Abendbrotangebot dankbar aus (ich will keine Umstände machen, dazu grad für Pfingsten eingekauft), baue mein Zelt auf und benutze das erste Mal auf dieser Wanderung meinen Gaskocher. Als Frau Raupscher zurück aus der Kirche ist, lässt sie mich noch duschen und fragt sogar, ob sie Wäsche mitwaschen solle. Ach mensch, so viel Nettigkeit. Ihr Mann kam zwischenzeitlich heim und bot direkt die Couch im ausgebauten Keller an – ich wollte aber gerne das Angebot der Hennings wahrnehmen, hatte alles schon fürs Schlafen fertig und wollte die beiden nicht noch weiter belagern.
Nun gut,morgen noch einmal: Um 7 Uhr gibt es Kaffee und Frühstück drüben im Haus 🙂
Worte des Tages: Selbstgestrickte Socken von Omis helfen gegen jede Kälte! DANKE an Oma Raupscher, deren Socken ich von meiner Gastgeberin für die Nacht im Zelt – und meine Wanderung geschenkt bekommen habe.
Geschafft: 23,3 km, 4 h 51 min
Liebe Hanna,
wieder eine sehr anschauliche und lustige Beschreibung deines Abenteuers… Freue mich die nächsten Tage weiterlesen zu können und wünsche dir wenig Regen, nette Begegnungen und Menschen, die dich auf deinem Weg kurzweilig begleiten. Alles Gute!