… kommt irgendwo ein Lichtlein her! Mein Lichtlein heut war ein ganzes Lagerfeuer, das dazu führt, dass ich a) spät blogge und das b) aus einem warmen Bett in einem gemütlichen Gästezimmer in einem schönen Haus in Ladenburg. Statt aus meinem Zelt in Schriesheim wie es ursprünglich vorhergesehen war. Aber von Anfang:
Heute Morgen trödelte ich, weil ich wusste, heute wird kein langer Tag. Von Heppenheim bis Heidelberg war es mir für einen Tag zu viel, also wollte ich es in zwei Tagen mit gemütlichen Kilometern machen. Dann hätt ich den Montag auch mehr Zeit bei Moe in Heidelberg, bei dem ich morgen untergebracht bin… Nachdem ich verifiziert hatte, dass meine Wanderkarte bei Kartendiebin Sigrid ist (;-)), schickte sie mir liebenswerterweise die Info: Wenn du am Anfang den Burgenweg läufst und in Sulzbach auf den Blütenweg wechselst, hast du bis Schriesheim, da ist ein ganzjährig geöffneter Campingplatz, 22,9 Kilometer.
Easy, denke ich, und mache mir meinen ersten Kaffee auf dem Kocher. Was ich nicht bedenke, und ich hätte es wissen sollen!, ja müssen, wird manch einer sagen, der mich kennt; was ich nicht bedenke ist, dass ich immer mindestens einen Umweg mache. Und ich bin ohne Karte unterwegs!
Aber ich bin ja Optimist und traue dazu jedem Einheimischen, der mir die Richtung weist. Sollte man auch nicht, aber hey, mein Orientierungssinn hat bisher auch keine 100% Quote. Diesmal hätte er Recht gehabt, aber so nehme ich den Panoramaweg um die Starkenburg herum – kein wirklicher Umweg, aber ebenl länger, als direkt in den Burgenweg einzusteigen. So circa 2,5 Kilometer, NUR denke ich, und der Weg ist wirklich schön: Am Hang über den Weinbergen mit toller Weitsicht. Da kannte ich das Ende des Tages noch nicht.
Auf dem Burgenweg dann nach der Warmmachrunde angelangt, geht es, wie ich von Anfang an wollte, hinab nach Heppenheim. Auf dem Weg fragt mich die Polizei nach einem alten Mann im Jogginganzug – gut, dass mir das nicht gestern vor der Nacht im einsamen Zelt hinter der Burg passiert ist… Ich komm schnell voran, es ist trocken, die Sonne zeigt sich immer wieder und der Burgenweg stellt sich als wunderschön heraus: Er führt durch die Weinberge immer oben am Hang entlang, ein Stück in den Wald rein, dann durch die Weinstöcke (immer mit schöner Ausicht) und zwischendurch halt immer wieder hinab. Und wo es runter geht, geht es auch irgendwo wieder hinauf wie wir ja wissen…
Was ich jetzt auf jeden Fall auch weiß: Die ältere Generation ist einfach die nettere. Sorry Folks, aber keiner in meinem Alter oder jünger grüßt. Ältere immer, ja, sie bleiben gar stehen und fragen, wo ich mit dem Rucksack hin will, oder wünschen mir einfach im Vorbeigehn noch viel Spaß weiterhin (ich nehme das nicht als Ironie auf…). Also, ein Appell an alle meine Leute da draußen: Einfach mal grüßen und lächeln, das macht glücklich!
Nach knapp 13 Kilometern und 2 1/2 Stunden begehe ich dann meinen zweiten, „kleinen Umweg“. Ich missinterpretiere die Richtungsweisung des blauen B’s auf weißem Grund und wähle den schön geheimnisvoll aussehenden, der unter überhängenden Bäumen in den Wald führt. Gut, ich merke schnell, da bin ich falsch. Nach 5 Minuten (leider steigend) kehr ich um, keine große Sache (aber am Ende des Tsges mach Kleinvieh eben auch Mist). Erstmal im Weinbaugebiet Laudenbach Mittag machen, mit überragender Suczuk zum Brot, auch eine Gabe der Freunde von gestern. Auch jetzt habe ich das Gefühl, gut in der Zeit und in Form zu sein.
Dazu trägt der Zufallsgenerator meines tragbaren Musikspielers bei, der eine Mischung zaubert, auf die ich nie gekommen wäre! Neben Offspring, Beatsteaks und Panic! At the Disco, hab ich auf einmal chinesische Klänge im Ohr (mitten in den Weinstöcken!), die von den bayerischen La Brassbanda abgelöst werden, die wiederum Jonny Cash weichen und der schließlich von Balkan Musik und schlussendlich Björk verdrängt wird. Die Musik gibt mir den Tak vor und hilft auch, mir nicht die Laune verderben zu lassen, als ich feststelle, dass ich nach Sulzbach, wo ich vom blauen auf das gelbe B, also den Blütenweg gewechselt bin, irgendwie gedankenverloren und als Gewohnheitstier Mensch weiter Blau hinterher gelaufen bin. Das waren wohl auch ein paar Kilometer mehr als geplant, obwohl der Weg echt schön ist und ich kurz darauf wieder auf die Blüte komm.
Ein letztes kleines Malheur passiert mir in Hermsbach, wo ich das B komplett überseh. Memo an Hanna: Konzentration beim Laufen! Dieses Vorbeilaufen bringt mich aber zu einer netten Begegnung mit Veit, der seit zwei Jahren an seinem Haus baut und der mich kurzer Hand zum Kaffee in seinem Rohbau einlädt. Fein, dass lass ich mir nicht zweimal sagen – wir reden über Wanderungen und Touren und ich finds toll, immer wieder nette, hilfsbreite Menschen zu treffen.
Mit frisch gefülltem Wasser gehe ich die – oh wie falsch, du grausam Hirn – letzten Kilometer an. Schön führt mich der Blütenweg durch die Altstadt von Weinheim, die beliebtes Ausflugsziel ist. Mir sind die Mensche jetzt schon echt zu viel! Ich beeile mich mit meinem Kuchenstück in den Schlosspark zu kommen, wo er mit Gedanken an Sigrid verspeist wird. Die Uhr zeigt halb 4, ich rechne mit noch 10 Kilometern.
Was sich leider als falsch herausstellt. Wie ich merke, als ein Pärchen mir mitteilt, durch zwei Dörfer müsse ich noch – und da hatte ich die 23 Kilometer schon geknackt! Die wichtigste Erkenntnis des Tages: Jeder Kilometer nach der 25 fällt doppelt so schwer. Und wenn dir ein Jogger im Feld mit Sichtweite auf Schriesheim sagt: „Zum Campingplatz wilscht? Da hascht aber nochn ganzsches Stück vor dir. Da gehts 3 Kilometer den Berg nauf.“ Bei Kilometer 26 ist mir die Musik abgeschmiert, kein Bodo mehr der ‚Walk on‘ singt, bei Kilometer 28 diese Auskunft. Meine Laune sinkt auf den Meeresboden, ich merke die erste Blase an der rechten Ferse deutlich. Soviel zur kurzen Etappe.
Aber da war ja noch das Lagerfeuer, das mir meinen Tag gerettet hat! Und es kommt in Persona, genauer gesagt gleich im Quartett: In Gestalt von Salih und Sybill mit ihrn Kindern Ella(4) und Karla (2). Ich frage, ob das die richtige Straße zum Campingplatz ist, meine Uhr zeigt 29,29 Kilometer. Ich sehe wohl ziemlich fertig aus, denn sie bieten mir sofort an, mich hinzufahren. GOTT SEI DANK!!! Ich bin so erleichtert und dankbar. Und es hört nicht auf! Am Campingplatz sieht es trostlos aus, kein Mensch, keine Rezeption zu sehen. Ich hätte mich mit dem Zelt einfach irgendwo dazu gestellt, aber die beiden bieten mir doch tatsächlich an, bei ihnen in Ladenburg zu übernachten. Im Gästezimmer. Ich bin baff und freue mich so sehr über diese spontane Hilfsbereitschaft, dass ich dankbar Ja sage. Unglaublich was für fantastische Menschen man trifft, wenn man unterwegs ist. Und ein wenig Vertrauen hat.
Diese tolle Familie lischt alle schlechten Gedanken fort, mit warmer Dusche, leckerem Essen und Gesprächen über den Mensch als solches und über schöne Reiseziele von Namibia bis Australien. Ein warmes Bett und warmherzige Gesellachaft statt Einsamket im kalten Zelt – alles richtig gemacht, jeder Kilometer mehr war das wert. Good night!
Geschafft: 29,29 km, 5 h 52 min. Starkenburg Heppenheim – Straße in Schriesheim.
Dann für heute… Wieder nette Leute.
Ich hätte dir auch ein Bettchen angeboten, wenn ich dich getroffen hätte;) Viel Spaß noch, pass auf dich auf und dass dir unterwegs nur nette Menschen begegnen!
Das klingt echt voll schön 🙂 ich bin froh, dass es dir soweit gut geht 🙂 ich denk immer an dich und freu mich, nach Feierabend, auf deinen blog zu schauen 🙂 fühl dich gedrückt!!! :*
ja, das klingt richtig schön nach freiheit 🙂 und auch nach fitness. so fit bin ich nich, aber das zu lesen, macht schon mal irgendwie den kopf frei und lust auf ne tour, thx hanna 🙂
bei meinen wenigen „spaziergängen“ (schwitz) ist mir auch aufgefallen, dass viele jüngere gar nicht grüßen, wenn man aneinander vorbeigeht, dabei ist der wanderergruß wirklich sinnvoll, denn im grunde dient er ja vor allem der gegenseitigen versicherung, dass es „einem“ gut geht und man keine hilfe benötigt. schön, dass du das geschrieben hast 🙂
ich bin auch bei dir, ich lese den blog total gern, weiter so 🙂